Einleitung


Wir laden sie ein zu einem kleinen Spaziergang durch die herrliche Landschaft rund um Delling. Genießen Sie Gottes Schöpfung und lassen Sie sich ein wenig auf das ein, was allgemein „evangelisch“ genannt wird.

Auf den Metallstelen finden Sie die Stichworte und ein Bibelwort, zu denen die Ausführungen in dieser Broschüre gehören. 8 Stationen, 8 Themen haben wir für Sie vorbereitet und hier in der Kirche einen kleinen Film zur Geschichte der evangelischen Gemeinde in Delling. Wir hoffen, dass Sie Freude daran haben.

Zu Ihrer Orientierung hier ein Plan des Weges. Wir starten oberhalb des Gemeindehauses und halten uns rechts Richtung Olpebach. Dann folgen wir der gestrichelten Linie auf der Karte bzw. dem Wanderzeichen.

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Viel Freude wünscht Ihnen Ihr Pastor Ralph Knapp

Aber vorab noch ein lieber Gruß aus der katholischen Schwestergemeinde:


Jesus sagt: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben.“
Johannes 14,6

Wir als Christen sind unterwegs mit Jesus, auch auf diesem Reforma-tionsweg. Wir sollen die lebendigen Steine sein (1 Petr 2,5). Auch nach 500 Jahren Reformation sind wir als Christen in dieser Zeit unterwegs. Die Fragen der Reformation sind heute, gerade nach dem II. Vatikanischen Konzil, nicht das Hindernis. Allerdings sind 500 Jahre nicht einfach wegzudiskutieren. Sicherlich gibt es Unterschiede, aber kann man nicht auch das Gemeinsame betonen? Manche Unterschiede sind näher betrachtet keine. Manches drücken wir im Glauben nur verschieden aus. Gerade nach dem II. Vatikanum wird die Gegenwart Gottes im Wort und in der Eucharistie betont.
„Einen wirklichen Dialog können nur Menschen führen, die je ihren Standpunkt haben, die aber bereit sind, aufeinander zu hören und voneinander zu lernen.“ (Walter Kardinal Kasper, Martin Luther, 61) „Wir sind 2017 nicht mehr wie nach 1517 auf dem Weg zur Trennung, sondern auf dem Weg zur Einheit“ (ebd. 70) So möge der Heilige Geist uns beflügeln, nicht nur im Jahr der Reformation, weiter zur Einheit aufeinander zuzugehen, nicht wie wir sie wollen, sondern wie ER sie will. (ebd. 70)

Schauen wir auf Jesus

Ihr
Harald Fischer
Pfarrer von St. Marien, Kürten



1. Prinzipien


Abram glaubte dem HERRN, und das rechnete er ihm zur Gerechtigkeit.
1. Mose 15,6

Die Reformation begann als Reformbewegung innerhalb einer Kirche, die der Reformen bedurfte. Sie zeichnet sich darin durch Grundprinzipien aus.

1. Glaubensgrundlage ist ausschließlich die Bibel als das Wort Gottes.

2. Erlösung geschieht allein durch Jesus Christus, der durch sein Leben, Sterben und Auferstehen die Menschen mit Gott versöhnt hat. In Jesus wird Gott Mensch und überwindet die Trennung (Sünde) zwischen Gott und Mensch.

3. Der Mensch kann sich vor Gott keine Verdienste schaffen, die Trennung von Gott nicht aus eigener Kraft überwinden, weil er sich immer wieder an Gotte und seiner Schöpfung vergeht. Die Trennung (Sünde) kann allein von Gott selbst überwunden werden. Er tut das in Jesus Christus und "begnadigt" so den Menschen, dem seine ganze Liebe gilt.

4. Dem Menschen bleibt nur, dieses Geschenk Gottes vertrauend an-zunehmen (Glauben).Wir laden sie ein zu einem kleinen Spaziergang durch die herrliche Landschaft rund um Delling.

2. Kirche


Lasst auch ihr euch als lebendige Steine zu einem Haus aufbauen, das Gott gehört. Darin sollt ihr als seine Priester dienen, die ihm als Opfer ihr Leben zur Verfügung stellen. Um Jesu willen nimmt Gott diese Opfer an.
1. Petrus 2,5

Die Kirche ist die Gemeinschaft der Glaubenden, die durch die Taufe allesamt "Priester" sind. Es gibt also keine priesterliche, bzw. weihemäßige Überordnung der Pfarrinnen und Pfarrer über die Gemeindeglieder. Entsprechend dient die Kirche nicht der Herrschaft, sondern ist als Institution Instrument der Verkündigung des Wortes Gottes allein. Die Ordnung der Kirche hat allein dieser Aufgabe Rechnung zu tragen. Pastorinnen und Pastoren predigen und lehren im Auftrag der Gemeinde das Wort Gottes in seiner Bedeutung für das alltägliche Leben. Gemeinsam mit dem durch die Gemeinde gewählten Kollegium des Presbyteriums (Gemeindeältestenrat bzw. Kirchenvorstand) tragen sie damit die Verantwortung für die Verkündigung.

Zu unterscheiden von der weltlichen Institution "Kirche" ist die Kirche als idealer Begriff als Gemeinschaft aller Glaubenden, der überzeitlich ist und sich in den konfessionellen Institutionen zwar findet, aber nicht in ihnen identisch ist.

3. Frömmigkeit


Denn ihr habt nicht einen knechtischen Geist empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet, sondern ihr habt einen kindlichen Geist empfangen, durch welchen wir rufen: Abba, lieber Vater!
Römer 8,15

Nicht eine bestimmte Lebensform, oder besondere gute Werke befinden nach evangelischer Auffassung darüber, ob ein Mensch Gott nahe ist, sondern allein der Glaube. Das heißt aber nicht, dass ein Leben nach den Geboten in den Augen der Reformatoren keinen Wert gehabt hätte. Im Gegenteil, die Konsequenz des "Erlöstseins" und damit der Dank des Erlösten an Gott, ist ein Leben, das sich an Gottes Gebot orientiert. Entsprechend nimmt die Auslegung der 10 Gebote in den Lehrbüchern der Reformation (Katechismen) weiten Raum ein. Der Ort der Frömmigkeit ist so neben dem Gottesdienst der gelebte Alltag. Richtschnur ist die Bibel, die regelmäßig studiert werden sollte.


4. Gottesdienst


Und es fiel eine Stimme aus der Wolke, die sprach: Dieser ist mein lieber Sohn; den sollt ihr hören!
Lukas 9,35

Der Gottesdienst dient in der evangelischen Kirche allein der Erklärung des Wortes Gottes. Das kann man an der Gestaltung des Gottesdienstraumes erkennen.

Bei den katholischen Geschwistern liegt das Schwergewicht auf der Eucharistie (Abendmahl) womit eine Ausrichtung auf den Tabernakel (als Ort der Präsenz Jesus in seinem Leib) verbunden ist. Ganz anders steht im Zentrum der evangelischen Kirche die aufgeschlagene Bibel auf dem Altar. Um sie herum gruppiert sich alles gottesdienstliche Handeln:

1.
die Kanzel als Ort der Predigt (der erklärenden Auslegung und Aktualisierung dessen, was die Bibel sagt).

2.
das Taufbecken. Im Sakramet der Taufe wird Gottes Liebeswort einem bestimmten Menschen unmittelbar zugesprochen

3.
Das Abendmahl wird um die Schrift herum gefeiert, dabei gilt den Protestanten der schweizerischen Reformation (Reformier-te) der Altar als Abendmahlstisch. Das Abendmahl gilt als Wort Gottes, ebenso wie auch die Taufe. Beides ist Verkündigung unmittelbar an eine Person. Insofern besteht das Sakrament auch nur im Zusammenhang mit der Verkündigung. Eine tat-sächliche Veränderung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi über den verkündenden Akt des Abendmahles hinaus wird darum nicht geglaubt, weshalb es auch in der ev. Kirche keinen Tabernakel gibt.

Die evangelische Kirche kennt nur zwei Sakramente. Voraussetzung für ein Sakrament ist hier, dass es eine sichtbare Handlung verbunden mit einem deutenden Jesuswort ist. Deshalb gelten nur Abendmahl und Taufe als Sakramente.

Formal ähnelt der evangelische Gottesdienst durchaus der katholischen Messe, natürlich mit theologischen Unterscheidungen. Am Augenscheinlichsten wird das beim Abendmahl, das in beiderlei Gestalt (Brot und Wein) gespendet wird.

5. Der Mensch in der Welt


Aber Jesus rief sie zu sich und sprach zu ihnen: Ihr wisset, dass die weltlichen Fürsten herrschen und die Mächtigen unter ihnen haben Gewalt. Aber also soll es unter euch nicht sein. Sondern welcher will groß werden unter euch, der soll euer Diener sein; und welcher unter euch will der Vornehmste werden, der soll aller Knecht sein.…
Markus 10, 42-44

Das Menschenbild des Protestantismus ist eher pessimistisch. Menschliche Möglichkeiten werden nüchtern gesehen. Entsprechend ist die Erlösung der Welt auch kein Programm der Kirche, da sie allein in Gottes Macht steht.

Natürlich sollte die Folge des Glaubens ein Leben nach ethischen Maßstäben sein, so wie sie Jesus vorgelebt hat. Insgesamt weiß die protestantische Theologie aber darum, dass der Glaube nicht das irdische Dasein und das an sich gegebene menschliche Naturell aufhebt.

Innerlich bleibt auch der glaubende Mensch aus sich selbst heraus Sünder. Weil aber die Rechtfertigung allein Werk Gottes ist, ist politisches Handeln immer das Werk des fehlbaren Menschen. Das macht Politik nicht überflüssig, sondern im Gegenteil gerade besonders wichtig. Hier gilt es nämlich, das Miteinander der Menschen nach menschlichen Maßstäben zu regeln, nach Gesetz und Recht. Wo es im Glauben nur Gnade gibt, muss es um der weltlichen Ordnung willen, in der sich auch der Glaube am besten entfalten kann, eine Macht geben, die für Recht und Frieden sorgt.

Martin Luther hat das mit den zwei Regimenten beschrieben, die nebeneinander stehen müssen. Einmal die Kirche als Gemeinschaft der durch den Glauben von Gott Erlösten und einmal die weltliche Obrigkeit. Beides muss unterschieden sein. Wenn man es durchmischt, kommt es entweder zu falschen Idealisierungen oder zum Versuch eines politischen Gottesstaates, in dem eine Glaubensgruppe andere dominieren würde.

6. Bildung


Öffne mir die Augen, dass ich sehe die Wunder an deinem Gesetz.
Psalm 119,18

Die Reformation entstand im engen Kontakt mit der Bildungsbewegung des Humanismus. Philipp Melanchthon, enger Mitarbeiter Martin Luthers und führender systematischer Denker der lutherischen Reformation, entstammt selbst dem Humanismus.

Wenn der Mensch unmittelbar vor Gott steht und persönlich von Gott begnadet wird, ist es notwendig, dass er selbst über seine Erlösung Bescheid weiß, die Heilige Schrift lesen und verstehen kann. Darum gibt es die Übersetzung der Bibel, die Katechismen und die Vielzahl von Lehrschriften, die vor allem auch Martin Luther verfasste. Bildung wird Allgemeingut, weil Erlösung Allgemeingut ist und nicht einigen wenigen privilegierten vorbehalten. Eine gute Volksbildung ist also nicht eine allgemein menschliche Forderung der Reformation, sondern eine unmittelbare Folge der reformatorischen Erkenntnis vom Priestertum aller Gläubigen.

7. Beruf


Es sind mancherlei Gaben; aber es ist ein Geist. Und es sind mancherlei Ämter; aber es ist ein HERR .…
1. Korinther 12, 4+5

Für uns ein weitestgehend unhinterfragter Begriff, der oft lax durch "Job" ersetzt wird. Das wird dem Berufsbegriff aber nicht gerecht. Hinter dem Begriff Beruf, wie ihn Martin Luther prägte, steht die Vorstellung der "Berufung". Die biblische Vorstellung, dass Gott einer jeden Person besondere Gnadengaben in individuellem Umfang mitgibt. Nur im Zusammenspiel all dieser Gnadengaben und damit all dieser Menschen kann der Leib der Kirche gebaut werden und funktionieren.

Dass das unter Umständen zu einem sehr statischen Begriff von Gesellschaft führen kann, in der jeder seinen "Ort" hat, ist offensichtlich. Zugleich wohnt dem aber auch ein großer Trost inne. Wenn ich mich in meiner Position als begnadet auch in meinen geringen Fähigkeiten betrachte, erhält meine Tätigkeit einen Sinn und Wert weit über das hinaus, was ich tatsächlich tue.

Eingebunden in einen größeren Gesamtzusammenhang sieht das, was vor Augen steht, dann noch einmal ganz anders aus. Der Begriff Job bewirkt geradezu das Gegenteil. Ihm fehlt Tiefe und setzt das Feld der individuellen Tätigkeit einer großen Beliebigkeit aus. Es ist eben nur ein Job, der morgen schon wieder anders aussieht und allein dem Broterwerb dient und keinen tieferen Sinn hat.

8. Gestalten und Wege


Wir sehen jetzt durch einen Spiegel in einem dunkeln Bild; dann aber von Angesicht zu Angesicht. Jetzt erkenne ich stückweise; dann aber werde ich erkennen, gleichwie ich erkannt bin.
1. Korinther 13,12

Was uns heute als Reformation vor Augen steht, ist keine einheitliche Bewegung. Reformatorische Bewegungen hat es lange vor Luther gegeben und natürlich auch nach ihm. Vor Augen stehen die großen Gestalten Martin Luther, Philipp Melanchthon für die lutherische Reformation oder Ulrich Zwingli und Johannes Calvin für die Schweizer Reformation. Schon hier gibt es vielfältige Unterschiede betreffend etwa der Auffassung vom Abendmahl.

Es gibt aber auch noch die anderen reformatorischen Bewegungen. Eine der frühesten sind die Waldenser, die in Frankreich entstanden und deren Gemeinden bis heute etwa in den Alpen oder Sizilien existieren. Die Anhänger des frühen Reformators Johannes Hus, den man auf dem Konzil zu Konstanz 1415 auf dem Scheiterhaufen tötete, leben stark verändert aber immer noch in Erinnerung an ihn in den "Böhmischen Brüdern" weiter. Auch die Bewegung der Täufer entstand in dieser Zeit, sie zeichnet die Auffassung von der "Glaubenstaufe" und die Ablehnung der Kindtaufe aus und lebt heute in der Glaubensgemeinschaft der Baptisten weiter.

Wie in jeder Umbruchszeit liegen auch in der Reformationszeit bei allen Beteiligten Licht und Schatten sehr nahe beieinander. Das einseitige Idealisieren der eigenen Auffassung hat der Einheit der Christen ungemein geschadet und lange das Gespräch verhindert.

Selbst Mord und Todschlag, wie eine Vielzahl von Kriegen waren die Folge der Unfähigkeit, geschwisterlich im Glauben zu ringen, im gegenseitigen Respekt vor der Gottesebenbildlichkeit auch dessen, der eine andere Meinung vertritt. Statt sich unter Gottes Wort zu stellen, wurde die eigene Auffassung der Bibel zum Maßstab der Verurteilung. Die Kirchen haben sich nie unter, sondern über das Wort gestellt und haben darin allesamt Gott die Ehre verweigert. Das zu sagen ist bitter, aber zugleich beredtes Zeugnis dafür, dass wir den Schatz der Erlösung nur in "irdenen Gefäßen" haben, dass wir nie Herr über unsere Erlösung sind, sondern Gott allein. Diese reformatorische Erkenntnis - auch durch die Kirchen der Reformation ernst genommen - hätte viel Unheil verhüten können.